agilewh: Konflikte? Hab ich keine… nur spannende Meinungsverschiedenheiten mit erhöhtem Emotionslevel

Eike und Denise an den beiden Seiten des sehr großen Whiteboards, das mit farbigen, beschriebenen Zetteln behängt ist.
Gestern war ich endlich mal wieder beim Agile Wednesday Hannover. Und ich merkte schnell, was ich doch länger vermißt habe: Es ist wie Treffen unter Freunden oder Klassentreffen.

Durch den Abend führten Denise und Eike sehr gekonnt.

Sie haben eingangs der Community mit einer kleinen „Reiseübung“ die Sicht auf Beobachtung/Bewertung etwas geschärft. Wie ich mal lernen durfte: Der Bezugsrahmen (als ein Konzept der Transaktionsanalyse) als Filter an der Schnittstelle des Individuums zur Umwelt.

Weitere Themen wie eine abgewandelte Version des Toleranz Pokers, GfK in der ganz praktischen und „unaufgeregten“ Anwendung sowie viel Diskussion folgten noch, so dass die Zeit sehr schnell und angenehm verging.

Ein Lob an Novatec – CGI fürs Veranstalten. So exquisite Limos habe ich selten getrunken. 😉
Ukrainische Flagge

Das Scrum Guide Expansion Pack

Englische Webseite des Scrum Guide Expansion Pack mit den drei Autoren als Comic-Portrait.
© ScrumExpansion.org

Der aktuelle Scrum Guide kam 2020 heraus. Es lag in der Luft, dass ein neuer Scrum Guide – nach 5 Jahren – das Licht der Welt erblicken könnte.

Es kam das Expansion Pack, das durchaus realitätsnahe Erweiterungen beschreibt. Auf den 50 Seiten werden diese Modelle, Impulse und vertiefenden Gedanken dargeboten. 

Da es seit gut einem Monat durch die kleine agile Gemeinde wandert, kam es auch zu mir. Ich hörte mir dazu Marc Löfflers Einschätzung in seiner Agile Transformation Toolbox an. Angehört, das Service Pack Expansion Pack wurde abgewatscht. Fall erledigt, bedarf keiner weiteren Betrachtung. So dachte ich, ohne mir überhaupt die Mühe gemacht zu haben, das Dokument wirklich einmal anzuschauen, geschweige denn, es zu lesen. 

Logo von DasScrumTeam Cafe
© DasScrumTeam

Nachdem ich im mal wieder im DasScrumTeam Café war und das Thema auf das Expansion Pack legte mit dem Verweis auf den ordentlich Verriß von Marc Löffler, sagte Andy etwas dazu. In seiner ganz eigenen Art sprach er unaufgeregt und sachlich. Erwähnte kurz, dass er – mal wieder – zur deutschen Übersetzung beisteuerte und ging dann exemplarisch durch das Expansion Pack. Detailliert und auf den Punkt gebracht sprach der darüber und mir war es ehrlicher Weise etwas unangenehm, dass ich so in Yellow Press Manier darüber hergezogen hatte, was er mit keiner Silbe quittierte, sondern einfach nur den Inhalt besprach. Dabei erwähne er kurz das KI-Kapitel von Jeff und meinte nur trocken, dass das gerne übersprungen werden kann. Es ist eine halbe Seite und kommt direkt nach Supporter/Unterstützer. Zusammengepresst in einen Satz: Viel möglich, viele Gefahren. Meine Erfahrungen u.a. bei „The scientific background of Scrum and how to leverage AI in Scrum“ mit Jeff und seinen KI-Ideen geht auch in diese Richtung von Andy. 

Den eigentlich Schatz, den Andy ansprach, sind weniger die 50 Seiten des Dokuments. Sie teasern eher Themen an und hier ist Marc Löfflers Einwand auch korrekt, dass das mehr ein Andeuten von Themen ist ohne den Tiefgang. Allerdings beklagt er die 50 Seiten des Dokumentes. Mehr Tiefgang bedeutet dann zwangsläufig auch mehr Seiten, so dass  die Erweiterung dann schon ein volles Buch ausfüllten (was es natürlich auch gab und gibt). Ein echter Schatz des Dokumentes sind die 149 Referenzen (6 Seiten) zu weiterführenden Quellen im Anhang. Das ist ein geballter digitaler Hub ins Wissen. Solche potenten Hubs sind selten.

Ich habe nun begonnen, das Scrum Guide Expansion Pack zu lesen. Dabei nutze ich die Online-Version in der deutschen Übersetzung (noch im Preview-Statium) als auch das englische PDF und Webseite. Ganz klar machen die drei Autoren eingangs deutlich, dass dieses Erweiterungspaket den Scrum Guide mitnichten ersetzt. Keine weiteren Scrum Regeln hinzuzufügt, sondern das Ganze ein klein wenig „runder“ und vielleicht auch „geländegängiger“ machen möchte. 

Diese realitätsnahen Erweiterungen sind etwa:

  • die neuen Rollen Stakeholder und Supporter (Unterstützer).
    Hier ist beim Supporter die Abgrenzung zum Stakeholder durchaus unscharf, denn der Supporter ist eine Teilmenge des Stakeholders. Er stößt Veränderungen für das Team an, ist also quasi Change Agent. Die Frage nach der Unterscheidung von Supporten und Stakeholder stellt sich, denn gerade Scrum hat sich – was Rollenvielfalt angeht – immer sehr zurückgehalten. Der Stakeholder ist im Sinne einer Betrachtung auch außerhalb des Scrum-Teams sinnvoll, denn Stakeholdermanagement gehörte nicht wirklich zu Scrum dazu.
    „Unterstützer sind eine bestimmte Art von Stakeholdern. Unterstützer sind Stakeholder und Change Agents.“
    Scrum Guide Expansion Pack, Kapitel Unterstützer – deutsche Übersetzung • © 2025 Ralph Jocham, John Coleman, and Jeff Sutherland. • CC BY-SA 4.0
  • klar gesagt, dass das Scrum-Team für die Product Discovery verantwortlich ist
    Bei der Entdeckung geht es darum, durch Priorisierung, Umsetzung, Vermeidung oder ständige Verbesserung von Ideen, die auf Benutzerbeobachtungen, Feedback oder anderen Erkenntnissen basieren, zu einem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Die Entdeckung betont Zusammenarbeit, Kreativität und die Bereitschaft, Fehler zu machen und es erneut zu versuchen. Die Entdeckung fasst die Arbeit als Probleme oder Chancen zusammen und hilft dem Scrum Team, Lösungsoptionen zu entwickeln, zu priorisieren und zu testen, die die Wünsche der Menschen, die technischen Möglichkeiten und die geschäftliche Sinnhaftigkeit in Einklang bringen – und das alles mit Spaß.“
    Scrum Guide Expansion Pack, Kapitel Entdeckung (Discovery) – deutsche Übersetzung • © 2025 Ralph Jocham, John Coleman, and Jeff Sutherland. • CC BY-SA 4.0
  • deutlicher Fokus auf Outcome (was kommt raus und nützt dem Business – also Qualität) anstelle nur Output (was kommt raus – also Quantität)

Mich hat das dieses Erweitungspaket neugierig gemacht. Klar, es erklärt nicht in einer epochalen Tiefgangart all das, was viele meinen, Scrum ausmachen sollte. Es wird eher im leichten Telegrammstil angerissen, aufgezeigt und immer in Hinterkopf: Der wirklich beachtliche digitale Hub mit den Absprunglinks zu viel geballtem Wissen.

Eine lohnende Betrachtung des Expansion Pack kann man bei den Produktwerkern hören.

Der Scrum Guide Expansion Pack ist unter einer CC-BY-SA 4.0 Lizenz veröffentlicht.

Ich habe meine eingangs erwähnte Einstellung deutlich geändert. Vom Spötter mit Sekundärwissen, aber ohne die Primärquelle auch nur besehen zu haben, bin hin immerhin schon zu einem Stadium gekommen, dass ich dieses Thema partiell deutlich, aber in gänze noch nicht vollständig gelesen habe. Hierzu bedurfte es nicht einer Berichtigung oder gar Belehrung durch Andreas Schliep, sondern lediglich des Einsatzes eines alten, aber sehr nützlichen Patterns. Hier zeigt sich für mich, dass ich auch nach Jahren noch sehr viele von ihm lernen kann.

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen. Sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

– Antoine de Saint-Exupéry

Zu den Autoren:

  • Jeff Sutherland ist Mitbegründer von Scrum und arbeitet als Berater für dieses Vorgehensmodell mit seiner Firma Scrum Inc.
  • John Coleman kommt aus dem Kaban-Bereich und ist Mitgründer von Kanplexity ein innovativer Ansatz, der Elemente des Kanban-Systems mit dem Cynefin-Framework kombiniert.
  • Ralph Jocham ist einer der frühen Scrum-Trainer in Europa und Gründer von effective agile.

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Weil es gerade so gut passt

Führungskultur in Techkonzernen: Die Wiederentdeckung der Peitsche | heise online

Aus meinem Lesestapel hervorgekramt:

Was haben Sie heute eigentlich geleistet? Und was tragen Sie überhaupt zum Erfolg des Unternehmens bei? Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt frage, aber wir müssen laut zahlreichen Sonntagsreden zur Lage der Wirtschaft jetzt endlich wieder zurück zur Leistungskultur. Das sagt unter anderen SAP-CEO Christian „Leistung, Leistung, Leistung!“ Klein und führt das L-Wort bei Interviews mit einer solchen Penetranz im Munde, dass man sich unwillkürlich fragt, ob SAP vor seiner Ägide das tiefenentspannte Landschulheim zur klappernden Mühle am rauschenden Bach gewesen ist.
[…]
Es ist eben leichter, die Geschichte zu wiederholen, als aus ihr zu lernen. Und so muss jetzt der Schweinezyklus der Leistungskultur neu aufgeführt werden, damit die Chefetage ihre Selbstwirksamkeit empfindet. Da wünsche ich uns ein dickes Fell, bis auch ganz oben wieder durchgesickert ist, dass solche Programme so einiges mit der Leistung eines Unternehmens anstellen. Außer sie zu verbessern.

eben dieser Heise Artikel
Ukrainische Flagge

agilewh: Workshops remote durchführen – Überblick, Best Practices

Lynqtech-Außenfirmenschild
Blick von hinten im Konferenzsaal zum Großbikdschirm mit Personen zum Großbildschirm guckend und ihren Notebooks an langen Tisch vor sich.
Bei Lyqtech eine sehr angenehmen und spannenden Agile Wednesday gehabt. Besten Dank nochmals für den sehr angenehmen Abend!

Es ist immer ein Stück weit wie Klassentreffen, auch wenn ich aus mannigfaltigen Gründen länger nicht da war.

Dieses Gefühl kenne ich sonst nur von der Macoun, oose und DasScrumTeam.

Und als Vorankündigung der hannoverschen Agilisten kommt am 18.06.2025 „AI: Prompt Engingeering für POs, KI-Tools im agilen Kontext“.
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